Montag, 11. April 2016

danubia connection N° 2 - Einblick in die alternative rumänische Theaterszene – 1. Tag

Knut Weber
Foto: Anton Potche
Im Kleinen Haus des Theaters Ingolstadt gaben sich am vergangenen Wochenende junge rumänische Theatermacherinnen – zwei Männer waren von rumänischer Seite auch in das Geschehen involviert – ein bemerkenswertes Stelldichein. Knut Weber, der Intendant des Stadttheaters, begrüßte zur Eröffnung des dreitätigen Theaterfestivals bei einem Stehempfang neben den angereisten Regisseurinnen und Autorinnen auch eine Reihe von Gästen, die als Beobachter oder Unterstützer zugegen waren: Irina Cornişteanu, Direktorin des Rumänischen Kulturinstitus Wien, Alexandra Crăsnaru, Kulturreferentin am Rumänischen Kulturinstitut Berlin, Klaus Christian Olasz, vom Referat für Kultur, Bildung und die deutsche Minderheit an der Deutschen Botschaft Bukarest, Ramona Olasz, Gründerin des deutschsprachigen Theaterlaboratoriums Bukarest, Dr. Alexandrina Panaite, erste Sekretärin an der Rumänischen Botschaft in Berlin, Ramona Trufin, Vorsitzende des Rumänischen Freundeskreises Ingolstadt, und last but not least Dorina Butucioc, Theaterkritikerin aus der Republik Moldau.

Darf man den Tod eines Menschen als ein gutes Omen deuten? Diese verrückte Frage stellte ich mir instinktiv, als die in Bukarest geborene und in Wien lebende Journalistin und Theaterkritikerin Irina Wolf die aus ihrer Sicht zu langsame Trendwende vom großen staatlichen Theater zu kleinen, flexiblen Experimentbühnen in Rumänien beklagte. Das Makabre in meiner gedachten Frage könnte etwas mit der Langsamkeit des Wandels in der Theaterwelt – einige mögen es als Trägheit empfinden – liegen, Wandel, der oft nur mit einem Generationswechsel entschieden einhergehen kann. 

Irina Wolf
Foto: Anton Potche
Irina Wolf referierte an der Ingolstädter Bühne im Rahmen der Veranstaltung danubia  connection N° 2 (N° 1 streckte vor vier Jahren seine Fühler nach Ungarn aus) über die rumänische Theaterszene und sicherte so den Einstieg in ein dreitägiges Minitheaterfestival unter dem Motto Junge rumänische Autorinnen im Scheinwerferlicht, vom 8. bis zum 10. April. In Rumänien gibt es zurzeit noch 50 staatlich geförderte Theater und viel weniger freie Bühnen. Viele der Spielstätten sind sanierungsbedürftig. Durch das Ingolstädter Publikum ging ein leises Raunen. Die Parallele zum örtlichen Stadttheater war, wahrscheinlich völlig unbewusst, gezogen. Die Theatersorgen scheinen sich entlang der Donau grenzübergreifend zu ähneln.

Nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur dauerte es in Rumänien ganze fünf Jahre, bis die ersten privaten Projekte im Theatersektor Gestalt annahmen. Sie gehen meistens auf Studenteninitiativen zurück und beschränken sich auf wenige Großstädte. Die Referentin erwähnte besonders Theaterplattformen, an deren Gründung einige der in Ingolstadt anwesenden Autorinnen beteiligt waren. Diese ohne staatliche Finanzierung agierenden Gruppen schrieben die ersten Wettbewerbe der rumänischen Theaterszene aus: 2002 einen Projektwettbewerb für junge rumänische Regisseure und  2010 den Projektwettbewerb für junge rumänische Regisseure und Bühnenbildner. Die Zukunft der jungen rumänischen Theaterszene sei ungewiss, schloss Irina Wolf ihren Vortrag. Und das, obwohl einige der Autorinnen durchaus auf internationale Resonanz verweisen können.

Darf man den Tod eines Menschen als ein gutes Omen deuten? Der Generationswechsel ist auch in Rumänien in vollem Gange. Mir fiel die am Morgen des gleichen Tages von den rumänischen Medien verbreitete Nachricht ein: Mircea Albulescu ist im Alter von 81 Jahren verstorben – einer der ganz großen Schauspieler Rumäniens. Er wurde am letzten Tag des kleinen Ingolstädter rumänischen Theaterfestivals in Bukarest mit militärischen Ehren bestattet. Diese Ehre wurde meines Wissens noch keinem deutschen Schauspieler zuteil. Also kann es um die Zukunft des rumänischen Theaters so schlecht nicht bestellt sein.

Anschließend an diesen Vortrag wurde Xandra Popescus Stück Domestic Products aufgeführt. Die Regie hatte Ioana Păun inne. Es spielten Ioana Flora und Smaranda Nicolau. Als unsichtbare Stimme war die von Diana Miron zu hören. Für die deutschen Zuschauer wurde der Text übertitelt. Das Stück erzählt die Geschichte eines illegal in Rumänien lebenden phillipinischen Kindermädchens, das des Landes verwiesen wurde. Die Parallele zu illegaler Beschäftigung bei uns, besonders im Pflegebereich, liegt auf der Hand.

Nach der Aufführung gab es noch Gelegenheit zum Gespräch mit der Regisseurin. Der erste Tag von danubia  connection N° 2 klang mit Gesprächen bei einem Buffet aus.
Anton Potche

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