Dass rumänische Regierungen gerne mit Verordnungen (ordonanţe)
regieren, ist längst kein Geheimnis mehr. Die letzte dieser ominösen
Regierungserlasse trägt die Nummer 55. Sie soll den Parteiwechsel der
Funktionsträger in Kreisen, Städten und Gemeinden legalisieren; heißt, dass
alle „politischen Migranten“, wie die rumänische Presse sie nennt, ihre warmen
Posten und Pöstchen behalten werden, wenn sie ihre politische Gesinnung
inklusive Partei wechseln. Das muss aber in den nächsten 45 Tagen passieren,
denn nur so lange soll „Ordonanţa 55/2014“ ihre Wirkung zeigen, also bis kurz
vor der anstehenden Wahl zum Präsidenten Rumäniens (2. und eventuell 16.
November 2014).
Es gibt ein Gesetz aus dem Jahre 2004, das den Status des
gewählten Funktionsträgers festschreibt. Dadurch werden die Gewählten
verpflichtet, den Parteien, auf deren Listen sie kandidiert haben, treu zu
bleiben. Die Alternative wäre der Verlust des Mandats. Betrachtet man aber die
sehr lebhafte politische Szene in Rumänien, in der es immer wieder zu
Parteineugründungen und zu Spaltungen etablierter Parteien, aber auch zu mehr
oder weniger dauerhaften Parteiallianzen kommt, kann man nachvollziehen, dass
der ein oder andere Bürgermeister oder Vorsitzende eines Kreisrates schon mal die
Fahne wechseln würde.
Diese Maßnahme sei richtig und notwendig, um „die den Bürger direkt betreffende Verwaltungsarbeit effizienter zu gestalten“, heißt es in
dem veröffentlichten Wortlaut der Verordnung. Aus Sicht der Regierungsparteien PSD,
UDMR,
PC
und UNPR
ist das natürlich schon darum in Ordnung, weil sie auf regen Zulauf hoffen
dürfen, werden doch viele Gelder für lokale Infrastrukturmaßnahmen noch immer
von Bukarest genehmigt. Das könnte dann folgerichtig dem
Präsidentschaftskandidat der Sozialdemokraten (PSD) und ihren Verbündeten,
Victor Ponta, dem gegenwärtigen
Regierungschef, in die Hände spielen, wenn es im Herbst um das höchste Amt im
Staat geht.
Klaus Johannis |
Die Opposition um den Siebenbürger Sachsen Klaus Johannis (PNL) sieht hingegen rot.
Der national-liberale Parteivorsitzende ist nämlich der große Gegenspieler Victor Pontas. Auch er will Präsident
Rumäniens werden. Und einige Analysten sehen seine Chancen gar nicht so
schlecht, wie die Ponta-Seite es immer wieder darstellt. Johannis wird von dem neuen Parteienbündnis Christlich-Liberale Allianz
(ACL)
– National-Liberale
Partei (PNL) & Demokrat-Liberale Partei (PDL)
– unterstützt und sieht sich wie sein liberaler Bündnispartner Vasile Blaga im Wahlkampf stark benachteiligt,
zumal die ersten Parteiübertritte ins Lager der regierenden Parteien schon zu
verzeichnen sind. Beide Politiker haben den Gang vors Verfassungsgericht
angekündigt, um diese Verordnung noch rechtzeitig außer Kraft setzen zu lassen.
Ob das allerdings gelingen wird, kann angesichts der
Tatsache, dass zur rumänischen Gesellschaftscharakteristika auch eine sehr
langsam agierende Justiz gehört, angezweifelt werden. Auf jeden Fall ist jetzt
schon absehbar, dass auf den Weg des Klaus
Johannis zum Präsidentenamt Rumäniens noch einige Felsbrocken stürzen
werden.
Anton Potche
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