Mittwoch, 9. April 2014

Egerländer und Donauschwaben

Gunnar Dieth und sein Blasorchester Egerland: Das sind wir (CD); Produktion und Musikregie: Gerd Puchelt, Eva Bauer-Oppelland; Digitalaufnahme, Mischung und Mastering: Bauer Studios, Ludwigsburg, 2010; 15 € + 2 € Versand; Bestellung hier 

Egerländer und Donauschwaben. Das war schon immer eine gute musikalische Kombination. Bedingt durch die geschichtlichen Entwicklungen in Europa verlagerten sich die regionalen Abstammungen der Donauschwaben, die man in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in den verschiedenen, böhmische Blasmusik spielenden Kapellen in Deutschland antrifft. Bis in die 70er Jahre waren besonders Donauschwaben aus Ungarn und Jugoslawien in diesen Blaskapellen anzutreffen. Dass es sich zum Teil um Musiker erster Güte handelte, kann man aus Robert Rohrs Unser klingendes Erbe unschwer herauslesen. Im zweiten Band dieses dreiteiligen Werkes heißt es zum Beispiel: „Um 1960 spielten bei den Original Egerländer Musikanten unter der Leitung von Ernst Mosch bis zu fünf Ungarndeutsche mit.“

Danach hat sich dieser Trend Richtung Banater Schwaben verlagert. Im Rahmen der Auswanderung dieser Volksgruppe aus Rumänien sind viele sehr gut ausgebildete Musiker, überwiegend Bläser, nach Deutschland gekommen und musizieren zum Teil noch heute in verschiedenen Berufs- und Laienorchestern. Bei den Original Egerländer Musikanten unter der Leitung von Ernst Hutter traten in den letzten Jahren bis zu sieben Banater Schwaben in einem Konzert auf. Das waren in der kleinen 16-Mann-Besetzung, mit der Ernst Hutter und Toni Scholl nach dem Tode Ernst Moschs auftraten, beeindruckende 43,75 Prozent des Orchesters.

Das ist allerdings nur die Spitze der Pyramide. An ihrer Basis sind auch heute noch viele Musiker aus dem Banat aktiv. Bei dem Blasorchester Egerland zum Beispiel singt das aus der Großgemeinde Jahrmarkt (heute Giarmata) kommende Ehepaar Eva & Martin Schütt. Dieses Blasorchester wird von Gunnar Dieth geleitet. Auf der Webside des Orchesters ist sein musikalischer Werdegang umrissen: „Das Notenblatt ist seine Tageszeitung. Das Know How holte er sich durch sein Studium, Hauptfach Trompete, an der Musikhochschule Stuttgart. Seine große musikalische Bandbreite ist sein Markenzeichen. Wegbegleitend waren große Namen wie Prof. Erwin Lehn, Heeresmusikkorps 9, Robert Payer, Bernd Wolf, Orchester Joe Schwarz. Aber bei ihm immer dabei: seine Liebe zur böhmischen Blasmusik. Diesen Traum vom eigenen Orchester konnte sich Gunnar Dieth mit Unterstützung der Egerländer Gmoi Kornwestheim-Ludwigsburg 2006 erfüllen. Das Blasorchester Egerland.“

Im Jahre 2010 hat das Blasorchester Egerland eine CD eingespielt: Das sind wir. Dieses im Titel angedeutete Selbstbewusstsein spiegelt sich auf der CD musikalisch wieder. Schon der Eingangsmarsch mit gleichem Titel, Franz Gerstbrein hat ihn komponiert, lässt keine Zweifel aufkommen: Der Zuhörer darf sich auf eine gute halbe Stunde gediegene Blasmusik freuen. Was er geboten bekommt, sind sauber eingespielte Stücke. Alle Bläsersätze harmonieren sowohl dynamisch wie rhythmisch sehr gut miteinander. Auch die Mischung zwischen altbekannten Stücken und neuen Kompositionen ist gut gewählt. Man begegnet Komponisten wie Ernst Mosch, Franz Bummerl, Wendelin Kopetzky, Karel Feyk, Alois Aust genauso wie den Zeitgenossen Franz Gerstbrein (*1959) und Thomas G. Greiner (*1955).  

Die von Eva & Martin Schütt eingesungenen Titel entsprechen genau dem Alt-Neu-Konzept dieser CD-Produktion. Ihre Stimmen passen gut zueinander und gemeinsam zum spezifisch böhmischen Blasmusikklang. Das Sängerehepaar stand schon in Jahrmarkt gemeinsam auf der Bühne. Martin spielte Tenorhorn und Posaune und Eva trat als Sängerin bei den legendären Konzerten, genannt Musikantenbälle, der Kaszner-Kapelle auf. Nach der Flucht bzw. Auswanderung der Kaszner-Kapellmeister nach Deutschland hat Martin Schütt, verwandt mit der Fam. Kaszner, die Kapelle weitergeführt - eine Zeit, in der er erfolgreich mit dem im ganzen Banat geschätzten Musiker Hans Fritz zusammenarbeitete. 1988 verließ auch die Familie Schütt das Banat und wurde in Baden-Württemberg sesshaft.

Gunnar Dieth und sein Blasorchester Egerland pflegen die böhmische Blasmusik aber nicht nur im Tonstudio, sondern vor allem auf der Bühne. Live ist und bleibt nun mal live. Davon kann man sich auch auf YouTube überzeugen. In diesem Jahr kann man das Blasorchester Egerland nach aktuellem Terminkalender elfmal auf der Konzertbühne erleben. Am 21. April startet das Orchester seine "Ohne Limit" Tour 2014, und stellt seine neueste CD-Produktion, nämlich "Ohne Limit", vor. 

Anton Potche

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