Donnerstag, 4. April 2013

Ein Nestbeschmutzer liest in der Heimat einer Nestbeschmutzerin


Der Nobelpreis für Literatur wurde 2009 an Herta Müller (*1953) verliehen. Eine Nestbeschmutzerin in den Augen vieler Banater Schwaben. (Wie viele von ihnen jemals ein Buch von Herta Müller in der Hand hatten, ist statistisch nicht belegt.) Herta Müller ist auch Trägerin des Marieluise-Fleißer-Preises der Stadt Ingolstadt. 

Marieluise Fleißer (1901 – 1974), die „Dramatikerin und Erzählerin der Neuen Sachlichkeit mit psychologisch geschickten Charakter- und Milieukomödien aus bayrischem Volksleben“ (Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur, Kröner, 1975), wurde in der Stadt an der Donau als Nestbeschmutzerin beschimpft.


(Foto: Anton Delagiarmata)
Der Schweizer Buchpreis ging 2011 an Cătălin Dorian Florescu (*1967). Ein Nestbeschmutzer in den Augen vieler Banater Schwaben, besonders aus dem Dorf Triebswetter / Tomnatic. („Viele“ relativiert sich auch hier in Anbetracht der nicht gerade hervorragenden Literaturaffinität der Banater Schwaben – oder was von ihnen noch übrig geblieben ist.)

Auf der Homepage der HOG Triebswetter kann man lesen: „Ein Rumäne beschreibt Triebswetter als Banater Dorf, in welchem er nie gelebt hat und dichtet den deutschen Einwohnern identitätsfremde Lebensgewohnheiten an. Er beschreibt sie als dreckige, stinkige, besoffene, Mörder, Zigeunerjäger, Hausabfackeler, Geiselnehmer und verwendet dabei dieNamen real existierender Personen und deren Vorfahren mit negativ aufpoliereten Geschichten aus dem Familienbuch der Triebswetterer mit einer wortgewaltigenhervorragend gestalteten schriftstellerischen Meisterleistung. Er hat sich wirklich Mühe gemacht unsere Identität und Geschichte zu verfälschen.“ (Orthographie und Tippfehler übernommen.) Der Anstoß gilt besonders dem Roman Jacob beschließt zu lieben.

Darauf angesprochen, sagte der Schweizer Schriftsteller mit Temeswarer Wurzeln der BANATER ZEITUNG (Temeswar, 21.11.2012) unter anderem: „Ich will nicht in der Haut dieser Leute stecken. Das Gift, das sie sprühen, das vergiftet sie selbst. Diese Verbitterung und diese Aggressionen sind furchtbar und ich habe eigentlich Mitgefühl mit ihnen. [...] Die zwanghafte Suche dieser Leute nach Sätzen, die irgendwas bei mir entladen sollte, weist eigentlich auf Wahnideen. Denn für diese Leute ist eine Fiktionalisierung von bitterer Realität nicht möglich. Und wenn es schon möglich wäre, dann sollte man es so tun, wie sie es wollen, im Sinne einer folkloristischen Dorfchronik.“

Am 10. April 2013 gastiert Cătălin Dorian Florescu in der Fleißer-Stadt. Er wird um 19 Uhr im Altstadttheater, Kanalstraße 1a, 85049 Ingolstadt, Telefon: +49 (170) 9399922, E-Mail: kontakt@altstadttheater.de aus seinen Romanen Zaira und Jacob beschließt zu lieben lesen. Die Lesung wird vom Rumänischen Freundeskreis Ingolstadt e.V. organisiert und von Ramona Trufin moderiert.

Leider kann man weder aus der Lokalpresse, noch vom Internetauftritt des Altstadttheaters, noch aus dem Online-Terminkalender des Autors erfahren, ob, wann, wo und zu welchem Preis man Karten im Vorverkauf für diese Veranstaltung bestellen kann. Sollte man in Ingolstadt vielleicht eine Großoffensive der „Triebswetterer“ befürchten? Wie auch immer, die Pioniere in Ingolstadt stehen bestimmt Gewehr bei Fuß und sind jederzeit bereit alle Angreifer im Fegefeuer in Ingolstadt schmoren zu lassen.


Anton Potche 

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