Samstag, 21. Dezember 2013

Frohe Weihnacht - 2013 - Crăciun fericit


Ich wünsche allen Besuchern meiner Blogs ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 2014!
Anton Potche

Vă urez o sărbătoare de crăciun binecuvântată şi un an nou fericit!
Anton Delagiarmata

Ich winsch eich all e scheenes Weihnachtsfest un vill Glick im neie Johr!
Berns Toni



Mittwoch, 18. Dezember 2013

Verträumte und exaltierte Trompeten- und Orgelklänge

Franz Tröster (Trompete) & Dominik Axtmann (Orgel): concerto! – Konzerte und Suiten für Trompete und Orgel; Bella-Musica - Antes Edition, BM 31.9255, ISRC-DE-A 540804923-48; (zu erwerben auch über Amazon).

Wer diese 1,54-Minuten-Melodie noch nie gehört hat, kann mit klassischer Musik im Allgemeinen und mit Kirchenmusik im Besonderen nur wenig oder gar nichts anfangen. Ich meine das Rondeau aus  Jean-Joseph Mourets (1682 – 1732) Fanfares, seiner ersten Suite de Symponies. Das ist wahrlich ein Einstiegsstück für Neugierige auf klassische Musik. Der Ohrwurm hat einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Wenn er dann auch noch auf allerhöchstem musikalischem Niveau – interpretativ und tontechnisch – daherkommt, ist die Voraussetzung geschaffen, dass man dieses liebliche Stückchen Musik ein Leben lang als Erinnerungsstück an seine Begegnung mit der Klassik oder zumindest einer ihrer unendlichen Facetten bei Gelegenheit wieder erkennen wird. Mir ging es so ähnlich, als ich dieses Rondeau, eigentlich die Spätform eines mittelalterlichen Tanzliedes, in einem Kirchenkonzert live hörte – damals, es ist jetzt auch schon mehr als 20 Jahre her, mit drei Trompeten, Pauken und Orgel.


Soeben habe ich es von einer CD vernommen, ja, ihm fast andächtig gelauscht und sofort ein zweites Mal laufen lassen, bevor ich mir die ganze Scheibe zu Gemüte geführt habe. Nein, das ist jetzt keine pathetische Übertreibung. Concerto – Konzerte und Suiten für Trompete und Orgel dreht sich noch immer im CD-Player.

Ich höre weitere Stücke von Leopold Mozart (1719 – 1787), Tomaso Albinoni (1671 – 1751), Giuseppe Torelli (1658 – 1709), Vincenzo Bellini (1801 – 1835), Georg Friedrich Händel (1695 – 1759) sowie Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) und bin tief beeindruckt von der außerordentlichen Qualität dieser Musik. Ein Trompeter und ein Organist haben gemeinsam mit einem Toningenieur, Kai Schlünz, eine CD produziert, die jeden Ansprüchen, und mögen sie noch so anspruchvoll daherkommen, genügt: Franz Tröster & Dominik Axtmann. Ich ließ mir erzählen, dass die Einspielung in der St. Bonifatius-Kirche zu Karlsruhe in den frühen Morgenstunden, als die Stadt noch schlief und keinen Verkehrslärm verursachte, vorgenommen wurde. Das frühe Aufstehen hat sich voll und ganz gelohnt.

Wer sich davon überzeugen will, sollte sich diese CD nicht entgehen lassen. Sie bietet zu der hervorragenden Musik auch ein zweisprachiges (D, GB) informatives und graphisch gefälliges Booklet. Man erfährt Interessantes über die Komponisten und ihre Werke sowie über die zwei Musiker. Franz Tröster hat am Konservatorium in Klausenburg / Rumänien Trompete studiert und Dominik Axtmann hat an der Musikhochschule seiner Heimatstadt Karlsruhe das Orgelspiel perfektioniert. Beide Musiker haben eine eigene Homepage und man kann ihre Musik auch auf YouTube erleben.


Anton Potche

Montag, 16. Dezember 2013

Viel nackte Haut für die Senioren im Stadttheater Ingolstadt

24. November 2013., 11.00 Uhr, Vergabe des Marieluise-Fleußer-Preises an Rainald Goetz (*1954) im Foyer des Stadttheaters Ingolstadt. Der Preis wird seit 1981 vergeben. Zunächst in fünfjährigem Rhythmus, dann in dreijährigem und seit 2011 in zweijährigem. VW & Audi geht es gut.

Da bietet es sich natürlich an, dass man nur drei Stunden später ein Fleißer-Stück im gleichen Haus spielt, zumal man es sowieso im Programm hat: Leben müssen ist eine einzige Blamage. Es ist allerdings kein Stück von Marieluise Fleißer (1901 - 1974), sonder ein Stück über die Ingolstädter Schriftstellerin. Geschrieben hat es Christoph Klimke (*1959). Und er hat es gut gemacht: eine konzentrierte Handlung, in der sich Autoren – Brecht ist natürlich allgegenwärtig -, Kritiker und Figuren aus Fleißer-Stücken begegnen. Und ganz wichtig: Das Stück dauert nur 80 Minuten und hat keine Pause. Also kann niemand unbemerkt vor Schluss abhauen.

So mussten auch an diesem Nachmittag die vielen Senioren – es waren tatsächlich überwiegend ältere Semester im gut besetzten Saal – mit ansehen, wie Roelle, eine Figur aus Fleißers Fegefeuer in Ingolstadt, der aber auch wirklich existiert haben soll, sich vor der sterbenden Marieluise die Genitalien abschneidet und ihr „schon mal vorausgeht“. (Neben mir stöhnte eine noch ältere Dame als ich leise vor sich hin.) Tja, so ist es eben mit dem zeitgenössischen Theater. Ohne Schockwellen keine Kunst. Zumindest in der Vorstellung von Autoren und besonders Regisseuren.


Bettina Storm als Marieluise Fleißer
Dass Marieluise Fleißer an ihrer Zeit krankte, ist allseits bekannt. Das Verhältnis zu ihrer Stadt war nicht das beste. Auch in diesem Stück bekennt sie: „Ich kann meine sogenannte Heimat und ihre bigotten Bewohner nicht mehr sehen.“ Aus dem Mund von Bettina Storm, klang das schon sehr überzeugend; wie übrigens auch alle anderen Dialoge und Monologe, die die Schauspielerin führte und sprach. Sie ist übrigens die Einzige, die in dieser rundum gelungenen Inszenierung von Johann Kresnik nur eine Rolle, eben die Hauptrolle, spielt. Alle anderen, Ulrich Kielhorn, Ines Hollinger, Ingrid Cannonier, Enrico Spohn, Rolf Germeroth, Olaf Danner, Matthias Zajgier und Anna Hein (hervorragend als Choreografin und Tänzerin) spielen mehrere Rollen. Das ist hier in Ingolstadt zum einen ein eingespieltes Team und zum anderen war das schon die zehnte Aufführung dieses Stückes. Da klappte alles – zumindest für die Augen und Ohren des Publikums, was das Entscheidendste ist. Dazu trug auch das Duo Deborah Wargon (Geige) und Patrick Schimanski (Schlagzeug) in großem Maße bei. Es ist schon bemerkenswert, welch herrliche Klangfarben diese nicht alltägliche Instrumentalbesetzung hervorzaubern kann. Deborah Wargon hat die Musik geschrieben.

Das ganze Geschehen zwischen den einst real existierenden und fiktiven Personen spielt sich in einem von Berthold Brechts Konterfei dominierten, sich in die Tiefe verengenden Raum. Und es hat zu leiden, dieses Konterfei, denn Marieluise Fleißers Beziehung zu Bertold Brecht war alles andere als ungetrübt. Es ist mehr als die Lebensgeschichte einer unzufriedenen, mit den Widrigkeiten ihrer Zeit kämpfenden Schriftstellerin, die in diesen Kulissen von Marion Eiselé eine Darstellung findet; es ist auch ein Blick auf den deutschen Literaturbetrieb aus der Zeit der Weimarer Republik bis in die 1970er Jahre.

Das war ein informativer und genüsslicher Theaternachmittag. Auch für die Darstellerinnen und ihre Kollegen. Die saßen nämlich schon auf dem Viktualienmarkt bei einem Bierchen, als ich den nach dem Verlassen des Theaters passierte, um zu meinem alten Drahtesel zu gelangen, der am Rathaus angekettet war. Das war, zumindest aus meiner Sicht – Gusten und Ohrfeigen sind ja bekanntlich verschieden –, ein wohlverdientes Bierchen. Auch bei kaum vier, fünf Grad Celsius über Null.


Anton Potche

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Geschichte, Geschichten und Informationen aus der Blasmusiklandschaft

MUCKE – Magazin für böhmische und mährische Blasmusik; November/Dezember 2013; DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH; ISSN 2192-3302; 3,70 €; http://www.mucke-magazin.de/ 

Als Bläser im „musikalischen Ruhestand“ (Christine Engel) braucht man keine Mucken mehr. Umso mehr kann man sich aber darüber freuen, wenn eine neue MUCKE im Briefkasten liegt. Sie erst mal im Schnelldurchgang zu überfliegen, um sich dann den Inhalt in Ruhe zu Gemüte zu führen, ist für einen Ehemaligen mit südosteuropäischen Wurzeln wie mich immer eine hochemotionale Angelegenheit, denn er vergegenwärtigt sich eigentlich mit jeder Seite, dass sein ausgeklungenes Musikantenleben Teil einer geschichtlichen Entwicklung war und ist, die Mitteleuropa mit Südosteuropa über Grenzen und Zeiten hinweg verbunden hat und noch immer verbindet, trotz Kriegen, Blockbildungen und einem Eisernen Vorhang. Dieses auf den ersten Blick unscheinbare, aber stets unüberhörbare Bindeglied heißt schlicht und einfach Blasmusik.


Die MUCKE ist ein Magazin für böhmische und mährische Blasmusik und ein überzeugender Beweis dafür, dass Blasmusik fester Bestandteil der deutschen Kulturlandschaft ist und es trotz aller (immer leiser werdender) Unkenrufe auch bleiben wird. Dass einer so regen Kulturszene wie der Blasmusik – von der Kinderblaskapelle bis zum professionellen Bläserensemble – eine Orientierung gebende Zeitschrift wie die MUCKE gut zu Gesicht steht, dürfte außer Frage stehen.

Die Ausgabe November/Dezember 2013 ist in drei Teile gegliedert. Mit den Events – gemeint sind natürlich Veranstaltungen – wird man gleich dem Hauptzweck der Zweimonatszeitschrift gerecht: Blasmusik lebt durch Groß- und Kleinveranstaltungen, entwickelt sich dank Wettbewerben und Workshops – gemeint sind natürlich Fortbildungsmaßnahmen - immer weiter, gewinnt an musikalischer Qualität und dadurch an Akzeptanz in der Bevölkerung. Dass man auch in der Blasmusik nicht auf dem Platz tretet, zeigen schon die neudeutschen Benennungen, ohne die auch dieser Musikzweig – und auch die MUCKE – nicht auskommen. Vor allem staunt man als Leser aber über die Vielzahl und Verschiedenheit der Konzertangebote – und ahnt natürlich, dass es sich hier nur um einen kleinen Teil der landesweiten Blasmusikaktivitäten handeln kann. Und wie kann man besser – hier wäre auch wohl „bescheidener“ zulässig – auf die zwischenkulturellen Ebenen, auf denen sich viele Musiker schon immer bewegt haben, hinweisen: Oberstudienrat Peter Schad, der musikalische Leiter der Oberschwäbischen Dorfmusikanten, des Musikvereins Steinhausen sowie des Liederkranzes Alttann hat den historischen Roman Dann gehen wir halt nach Ungarn veröffentlicht. (Klingt das nicht nach Südosteuropakollonisation im 18. Jahrhundert?) Das erfährt man, nur so nebenbei, in einem ausführlichen Bericht von Christian Mayr zum Jubiläumskonzert der Oberschwäbischen Dorfmusikanten in Ravensburg. Sie wurden 30 Jahre alt! Vor vielen Jahren brachte eine deutsche Zeitschrift mal eine Serie mit der Überschrift Dreißigjährige haben die Welt verändert. Darin ging es um Leute wie Jesus, Beethoven u.v.a. Ein gutes Alter, kann man da nur sagen.

Wie kann man den der Szene vorbehaltenen Teil der Zeitschrift hoffnungsvoller beginnen als mit der Ankündigung Kapellengründung „Holzless – What a böhmisch“. Wie war das doch mit dem Neudeutsch? Eigentlich egal. Wichtig ist sowieso nur die Musik. Und das ist auch hier Blasmusik, junge Blasmusik.

Eine Zeitschrift, die etwas von sich hält, geht nicht ohne einen Kolumnenplatz an die Öffentlichkeit. Die MUCKE hat ihren MUCKER DES MONATS. Er ist in dieser Nummer dem Tiroler Blechbläserensemble Viera Blech vorbehalten. 2004 haben sich vier Tiroler gefunden und gemeinsam musiziert. „Der Name Viera Blech ging aber nicht etwa auf das Gründungsjahr der Gruppe zurück, sondern wirklich auf die ursprüngliche Anzahl der Musiker“, schreibt Christian Mayr. Wachstum ist aber nicht nur in der Wirtschaft das A und O des Erfolgs – trotz einiger warnender Stimmen -, sondern anscheinend auch in der Musik, speziell der Bläsermusik. Siehe nur Ernst Mosch (1925 - 1999) und Ernst Hutter mit ihren Egerländer Musikanten. Die vier von der Viera Blech sind heute zu siebent. Wie die Jungs so durchs Musikantenleben kommen, ist schon lesenswert. Das sind Profis durch und durch… und vergessen schon mal die Tuba auf der Autobahn. Wie das geht? MUCKE weiß darüber zu berichten.

Ein krasser Unterschied zu der 10-jährigen Geschichte des Viera Blech scheint der folgende Beitrag zu sein. Aber nur auf den ersten Blick, denn der Titel sagt schon Grundsätzliches über die Blasmusik aus: Vereint durch die Blasmusik. Die aus der Allgäuer Blasmusikszene kommende und in Oberbayern sesshaft gewordene Journalistin Christine Engel hat sich in Archivmaterial vertieft, Proben besucht und so manches Gespräch geführt, um aus einem immensen geschichtlichen Fundus das Wesentliche für einen Zeitschriftenbeitrag herauszuarbeiten. Sie ist auf den Spuren der Blasmusik im heutigen Rumänien gewandelt. Doch nicht um so berühmten Gruppen wie Ciocârlia nachzuspüren, sondern um den Wegen der böhmischen und mährischen Blasmusik nach Siebenbürgen und ins Banat, den einstigen Regionen Habsburgs, zu folgen. Von einem Blasmusikmikrokosmos ausgehend – dem Dorf Jahrmarkt (heute Giarmata), nordöstlich von Temeswar, – ist ihr das Gemälde einer einst sehr aktiven Blasmusikszene anschaulich gelungen, deren Ausstrahlung noch heute, nachdem sie längst aus ihren heimischen Gefilden verschwunden ist (wie das Leuchten eines längst erloschenen Sterns), in unseren Regionen Wirkung zeigt. Dass man dabei auf so sonderbare Wahrheiten stößt, wie dass es „zwischen den beiden Volksgruppen kaum Berührungspunkte gab“, ist nur einer der vielen interessanten Einblicke in eine verschwundene Blasmusikszene, deren ehemaligen Aktive noch heute in vielen Amateur- und Berufskapellen in Deutschland musizieren. Wie war das doch mit den Totgesagten? Sie leben vereint durch die Blasmusik länger. Zumindest so lange, wie die Musikanten der Erlebnisgeneration ihre Instrumente noch zu den Lippen führen können. Die Siebenbürger-Banater-Blaskapelle aus Ingolstadt, Leitung Hermann Mattes, ist der lebende Beweis dafür.

Die Blasmusik hat aber nicht nur Geschichte geschrieben, sie schreibt auch täglich viele und erhaltenswerte Geschichten. Dass sie längst auch als Handyklingelton Einzug ins IT-Zeitalter gehalten hat, erfährt man von Christian Mayer und freut sich über die Ehre, die der altehrwürdigen Hanna-Polka widerfahren ist.

Die letzten Seiten der MUCKE sind für den Service reserviert. Wenn auch der Mittelteil dieser und anderer Ausgaben eindeutig der lesenswerteste ist, so bleibt die Angebotspalette des letzten Teiles der genrespezifischste und besonders für aktive Musikanten sehr wichtig. Martin Hommer findet bei seinen Stückerezensionen den richtigen, auch für Nichtmusiker verständlichen – ein wahrlich nicht zu unterschätzender Aspekt – Ton. Mit Anzeigen aller Art klingt die MUCKE aus. Wie eine gelungene Polka kommt sie daher: mit einem schmissigen ersten Teil, etwas verträumten Trio (bei schönen Polkas gibt’s das) und einem zupackenden Schlussteil – mit vielen interessanten Mucken.

Berns Toni

Montag, 9. Dezember 2013

Zu Besuch bei meinen Ahnen

Die andere Heimat – Film von Edgar Reitz (Regie); mit Jan Dieter Schneider, Antonia Bill, Maximilian Scheidt, Marita Breuer u. a. 

Ich war in Schabbach. Es war in den Jahren des Herrn 1842 bis 1844. Schreckliche Jahre. Es gab nur arme Ernten. Der Winter 43/44 war einer der härtesten im Hunsrück. Dazu kam die Diphtherie. Der Tod hausierte überall.

Und Jakob Simon (Jan Dieter Schneider) träumte sich hinaus aus dieser Welt, in ein Land, in dem auch an Weihnachten Sommer ist. Und wo Indianer leben. Er wusste Bescheid über diese Urvölker Lateinamerikas, weil er lesen konnte - und sogar schreiben. Das konnten in jener Zeit bei Weitem nicht alle, auch in der Simon-Familie nicht. Er war seiner Zeit weit voraus.

Das Buch war in den Augen seines Vaters ein Teufelszeug. Und wer wie Jakobs Schwester einen Katholiken heiratete, wurde ausgeschlossen, durfte nicht mehr zurück in die Familie. Protestanten tun so etwas nicht. Das und vieles andere bedrückten den jungen Mann. Er träumte vom Auswandern.

Doch das Leben nahm seinen Lauf und es war nicht sein, Jakobs, Lauf. Viele andere wanderten aus – schon mit dem Heimweh im Herzen -, Jakob blieb. Er liebte ein Mädchen, Jettchen (Antonia Bill), sein Bruder Gustav (Maximilian Scheidt) nahm sie zur Frau. Alexander von Humboldt (Werner Herzog) bemühte sich nach Schabbach, um den begabten Jakob Simon kennen zu lernen, doch der lief einfach weg.

Vier Stunden war ich in Schabbach, in den Jahren 1842 bis 1844. Und ich war selten so bewegt. Wieso? Weil mein Urahn in zehnter Generation schon 70 Jahre früher Jakobs Traum träumte, doch ohne Indianer, aber mit verheißungsvollen Versprechungen kaiserlicher Werber aus dem fernen Wien. Und weil auch ich diese Sehnsucht Jakobs verspürte – 140 Jahre später. Aber in umgekehrter Richtung: Die Mosel wollte ich sehen und den Rhein.


Das waren vier harte Stunden. So lebten meine Vorfahren, so sprachen sie – mit allen mir so vertrauten Dialektidiomen -, so glaubten sie, so starben sie. Und so gingen sie weg. Immer wieder. Im 18. Jahrhundert nach Ungarn – vielleicht ein weiteres Reitz-Thema? - und im 19. nach Übersee. Wie schwer das war, welche ungeheuren Überwindungen das Auswandern sie trotz der großen Not kostete, zeigt dieser Film von Edgar Reitz: Die andere Heimat.

Das hätte ein monumentaler Kinofilm werden können, wenn… ja wenn diese Farbtupfer die Schwarzweißwelt nicht stören würden. Wenn man einen Film in historischem Schwarzweiß dreht, sollte man die Geschichtsaura, die er ausstrahlt, nicht mit Farbklecksen stören, selbst wenn es die schwarz-rot-goldene Fahne ist. Mir zumindest wurde durch diese gekünstelten Farbtupfer während der vier Stunden immer wieder in Erinnerung gerufen, dass ich eigentlich nur im Kino und nicht in Schabbach bin. Aber gerade dort wollte ich bleiben, so schwer das manchmal auch war, ungestört vom gegenwärtigen Zeitgeist, denn schließlich weilte ich zu Besuch bei meinen Ahnen. Schade, jammerschade!

Anton Potche

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Ceartă între muzicienii georgieni din Ingolstadt

Ţigănie curată! Cine se ceartă necontenit? Lumea spune că ar fi cei 18 muzicieni ai Orchestrei Georgiene de Cameră Ingolstadt. Şi asta în loc să se bucure de şansa pe care au primit-o în 1990 de a rămâne în Germania, pe când în ţara lor bântuia un război civil. Până anul trecut lucrurile mergeau destul de bine, cu toate că salariile muzicienilor nu sunt chiar strălicitoare. Un muncitor în industria de automobile câştigă cu siguranţă mai bine decât un „georgian”, cum sunt numiţi muzicienii din Ingolstadt. Problema este însă una generală în Germania. Dacă sponsorizarea nu funcţionează ca lumea, orchestrele sinfonice primesc probleme. Georgienii sunt sponsorizaţi de banca Sparkasse şi de firmele Audi şi Media-Saturn, ambele cu centralele administrative la Ingolstadt. Orchestra primeşte şi bani din bugetul oraşului, dar şi din bugetul landului Bavaria. Într-o şedinţă recentă a comisiei de finanţe a consiliului municipal s-a vorbit de o posibilă majorare a bugetului orchestrei pentru cheltuieli de personal. Este vorba de 790.000 de euro. Dacă va fi aprobată această sumă se vor majora şi salariile muzicienilor.

Dar se pare că banii nici nu sunt cauza certei din sânul orchestrei. (Mulţi, sau toţi, sunt şi profesori de muzică la diferite şcoli şi cântă şi în alte formaţii.) Cercuri bine informate susţini că declanşatorul problemei ar fi fost dirijorul Lavard Skou Larsen. Acesta fusese ales în anul 2011 de marea majoritate a membrilor orchestrei. Între timp au apărut însă disensiuni între dirijor şi muzicieni. Dar nu toţi au fost impotriva dirijorului, aşa că a început o ceartă şi în rîndul muzicienilor. Şi aceasta consistă până azi. Cotidianul local DONAUKURIER vorbeşte de o „criză culturală şi omenească” a Orchestrei Georgiene de Cameră Ingolstadt. Ziarul scrie chiar de „duşmănii între muzicieni”.

Păcat. Mare păcat, fiindcă melomanii din oraşul de pe Dunăre şi-au iubit georgienii şi îi admiră şi acum pentru arta lor muzicală. Au creat chiar un Freundeskreis (cerc de prietenie), cu menirea de a-i sprijini pe muzicienii de dincolo de Marea Neagră. Acest cerc de suţinători, în jur de 500 – destul de mare, comparat cu alte iniţiative de genul acesta din Germania –, a alocat orchestrei în ultimii 14 ani peste 330.000 de euro. Preşedintele acestui cerc, Friedemann Götzger, a nimerit şi el în linia de tragere a combatanţilor. El este citat de DONAUKURIER cu remarca, în orchestra de cameră s-ar afla două grupări opozante: modernişti şi conservatori. Friedemann Götzger şi-a anunţat retragerea, ca de altfel încă 53 de membri.

Şi totuşi, când instrumentele sunt aduse în poziţia de cântare, ai impresia că toate diferenţele au dispărut ca prin minune. Am fost deunăzi la o probă cu public. Dirijorul Martin Lukas Meister a repetat cu Orchestra Georgiană de Cameră Ingolstadt piese de Gaetano Donizetti, Johann Sebastian Bach şi Robert Schumann. Am văzut o orchestră foarte angajată, atentă şi disciplinată. (Vezi video-ul de jos.) Repetiţia a decurs într-o atmosferă de muncă concentrată. Unele pasaje au fost discutate, s-au făcut însemnări cu creionul în foile de notă, pasajele au fost repetate, întrerupte şi din nou reluate, până dirijorul a fost mulţumit cu rezultatul muzical. Şi colaborarea cu solistul Firmian Lermer, care a interpretat la violă Concertul pentru violoncel şi orchestră în la-minor op. 129 de Robert Schumann (1810 - 1856), a fost marcată de înţelegere reciprocă şi respectul cuvenit.

Anul viitor Orchestra Georgiană de Cameră Ingolstadt va sărbători 50 de ani de la înfiinţarea orchestrei la Tiflis, pe atunci sub numele Orchestra Statală Georgiană de Cameră. Bagheta a fost încredinţată – numai pentru anul viitor – tânărului dirijor american Benjamin Shwartz. El va dedica ciclul de concerte a georgienilor memoriei primului război mondial. Astfel Orchestra Georgiană de Cameră Ingolstadt va interpreta la 5 iunie 2014 şi Dansuri populare româneşti de Béla Bartók (1881 - 1945). Ar fi bine dacă georgienii dunăreni şi-ar da seama cel puţin atunci că muzica poate să ofere mult mai mult decât adversităţi şi duşmănii cu leziuni personale inutile – şi anume reconciliere, realizări de compromisuri, dans şi voie bună. Sau poate georgienii o ţin cu de acum legendarul Bob Ross, două premii ECHO Klassik cu ansamblul de suflători Blechschaden, care scrie în cartea sa Pfiffe & Applaus (Fluierături şi aplauze): „Cu cât muzicienii înaintează în vârstă, cu atât mai sârguincioşi începi să lupte pentru poziţia lor în orchestră [...]. Prin această luptă permanentă cei mai mulţi muzicieni mai în vârstă îşi pun pe umeri o blană groasă – câteodată singurul lucru oportun. [...] Cu timpul muzicienii învaţă să se descurce în situaţii dificile şi nu întotdeauna corecte.” Iată deci sfatul unui muzician scoţian pentru colegii săi georgieni de breaslă.

Rămâne speranţa că de data asta săptămânalul BLICKPUNKT din Ingolstadt, care scrie în ultima sa ediţie că unii jurnalişti fac în această problemă din ţânţar armăsar, are dreptate. Postul crăciunului este oricum prielnic pentru a nu-şi băga capul sănătos sub evanghelie, cum spune românul.

Anton Delagiarmata


Samstag, 30. November 2013

November 2013 – Giarmata in den Medien

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 02.11.2013
Liga III – Serie IV – 11. Spieltag
Pandurilor Târgu Jiu II - Millenium Giarmata  0:0
Tabelle:  Millenium Giarmata  18 Pkt.
Millenium Giarmata: Nariţa – Mihălceanu, Oneţ, Gârbă, Dancia – Rosenblum, Leucă, Naidin, Mihuţa – Jichici, Marius Călin
+ + + Das zweite Remis nacheinander bringt auch einen Punkt. + + +

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 03.11.2013
Liga V – Serie II – 12. Spieltag
Solventul Timişoara - Unirea Cerneteaz   1:4
Tabelle: 7  Unirea Cerneteaz  18 Pkt.
+ + + Die Zorner! Do schau her. + + +

SPORT9.RO, Timişoara / Temeswar, 04.11.2013
Die Rally-Kart Giarmata-Pişchia (sowohl Auto- als auch Kartrennen) wurde zum ersten Mal von zwei Ortschaften, Giarmata/Jahrmarkt und Pişchia/Bruckenau veranstaltet. Marius Giurisici und Alin Rotaru heißen die Sieger beim Autorennen und Victor Nagy gewann den Kart-Wettbewerb.
+ + + So sieht Autorennen in Giarmata aus: http://www.youtube.com/watch?v=Tnvb_hFgKTs#t=64 .+ + +  

 SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 08.11.2013
Liga III – Serie IV – 12. Spieltag
 AFCM 2012 Reşiţa - Millenium Giarmata  1:2
Tore: R. Blaga für die Hausherren, Mihuţa , M. Rosenblum für die Gäste
Tabelle: 3  Millenium Giarmata  21 Pkt.
Millenium Giarmata: Gârlea Mihălceanu (Pleşcan), Oneţ, Gârba, Dancia Naidin, Leucă  – Rosenblum, Mihuţa (Boldea) – Jichici, Călin (Gideon).
+ + + Bis zum Tabellenersten aus Caransebeş sind es noch 6 Punkte. + + +

RENAŞTEREA BĂNĂŢEANĂ, Timişoara / Temeswar, 08.11.2013
Foto: RENAŞTEREA BĂNĂŢEANĂ
Das kleine Wohnblockviertel in Giarmata soll ein neues Aussehen bekommen. Als erstes wurde jetzt die Zufahrtstraße asphaltiert. Aber auch die Häuser sollen isoliert und neu verputzt werden, auch an ein Spielplatz ist gedacht. Die Bauten wurden 1972 errichtet, und seit damals ist nicht mehr viel passiert. Bürgermeister Virgil Bunescu wird mit der Aussage zitiert: „Mit Geld aus dem Haushalt und von den Einwohnern wollen wir das Gesicht des Viertels ändern. Der ästhetische Effekt spielt eine wichtige Rolle, so dass wir darauf achten werden, dass bei der Instandsetzung der Fassaden keine schreienden Farben benutzt werden."
+ + + So is’s richtich: scheene matte Farwe, wie in de alte schwowische Zeide. + + +

RENAŞTEREA BĂNĂŢEANĂ, Timişoara / Temeswar, 12.11.2013
Die Sporthalle in Giarmata soll endlich einen Parkplatz bekommen. Man will im kommenden Jahr auch dem Strand wieder „den Zauber von früher” geben.
+ + + Das klingt fast so, als wollte man mir meine Jugend wiedergeben. Schon daher: Viel Glück! + + +

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 15.11.2013
Liga III – Serie IV – 13. Spieltag
Millenium Giarmata - CS FC Caransebeş  0:0
Tabelle: 4  Millenium Giarmata  22 Pkt.
+ + + Die Jungs schwächeln vor dem Finish. Schade. + + +

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 17.11.2013
Liga V – Serie II – 14. Spieltag
AS Murani - Unirea Cerneteaz   1:2
Tabelle: 5  Unirea Cerneteaz  24 Pkt.
+ + + Immerhin besser wie die Moraner. + + +

TIMISOARAEXPRES.RO, Timişoara / Temeswar,21.11.2013
Foto:TIMIŞOARA EXPRESS
Der 58-jährige T. Raicu aus Ponoarele, Kreis Mehedinţi wollte bei Giarmata die Kreisstraße DJ 69 im Laufschritt überqueren. Dabei wurde er von einem Fahrzeug angefahren und erlag seinen Verletzungen. Die Verkerspolizei gab bekannt, dass den Lenker des Autos, C. Puiu aus Arad, keine Schuld trifft.
+ + + Seit die altehrwürdige Landstraße nach Radna Autobahnzubringer ist, lebt man auch dort gefährlicher als zu Zeiten der Fitzigois mit ihren Pferdefuhrwerken. + + +


SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 24.11.2013
Liga V – Serie II – 15. Spieltag
Unirea Cerneteaz - AS Agrotrifan Sânmihaiu Român  0:0
Tabelle: 5  Unirea Cerneteaz  25 Pkt.
+ + + Des känne die Zorner doch besser.+ + +

deBANAT.ro, Timişoara / Temeswar, 26.11.2013
Florin Farkas (l.) u. Dan Diaconescu 
Foto: deBANAT.ro
Im Giarmataer Gemeinderat sitzen sechs Räte von der Social-Liberalen-Union (USL), fünf von der Liberal-Demokratischen-Partei (PDL), drei von der Volkspartei Dan Diconescu (PP-DD) und einer von der Großrumänien-Partei (PRM). Der bisherige Vizebürgermeister hieß Ionel Carabulea. Er ist Mitglied der PDL. Weil es aber seit Längerem eine Abmachung zwischen den Großkopfenden der PDL und der PP-DD gibt, bei entsprechenden Mehrheiten die Führungsposten in den Rathäusern unter sich aufzuteilen, hat der Gemeinderat jetzt an Stelle des PDL-Mannes einen PP-DD-Rat zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt, weil auch in Giarmata  (6 + 1 = 7 und 5 + 3 = 8) 8 größer ist als 7. Der neue Mann heißt Florin Farkaş und sagt, er werde „für das Wohl der Bürgerschaft kämpfen.”
+ + + So funktioniert nun mal Demokratie. Auch wenn dieser Dan Diaconescu eine sehr zwielichtige Gestalt in der rumänischen Politik ist. + + +

RENAŞTEREA BĂNĂŢEANĂ, Timişoara / Temeswar, 27.11.2013
Zur Wahl des Vizebürgermeisters hatten sich auch die ehemaligen Bürgermeister Gavril Roşianu und Ioan Delvai gestellt. Zum Schluss aber gab Roşianu (PRM) seine Stimme auch dem Diaconescu-Getreuen Florin Farkaş.
+ + + Also hieß es 9:6 für Farkas. + + +

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 28.11.2013
Munizipalmeisterschaft – Serie I
Millenium Giarmata II – Ripensia II   2:1
Tabelle: 2  Millenium Giarmata II  24 Pkt
+ + + An gutem Nachwuchs scheint es in Giarmata nicht zu fehlen. + + +

SPORTTIM.ROTimişoara / Temeswar, 29.11.2013
In der Giarmataer Sporthalle werden am 7. Dezember 2013 einige Spiele des Minifußballtourniers „Winterpokal“ der D-Liga des Kreises Timiş / Temesch ausgetragen. Es spielen Mannschaften aus Şag, Făget, Dudeştii Vechi und Chişoda.
+ + +Giarmata hat keine Mannschaft in dieser Liga. + + +

SPORTTIM.RO, Timişoara / Temeswar, 29.11.2013
Liga III – Serie IV – 15. Spieltag
Millenium Giarmata – Vulturii Lugoş  2:1
Tore: Mihuţa, Rosenblum für die Hausherren, Ştreangă für die Gäste
Tabelle: 4  Millenium Giarmata  25 Pkt.
Millenium Giarmata: Gârlea Mihălceanu, Oneţ, Dancia, GârbaNaidin, Leucă (76, Boldea),  – Rosenblum, Mihuţa (69, Pleşcan) – Jichici, (50, Călin), Gideon.
+ + + Im März 2014 geht’s weiter. La mulţi ani! + + +

Mittwoch, 27. November 2013

Ein Blick in Leni-Omas erste Heimat

Sie war still und immer zurückhaltend. Selten mischte sie sich ein: die Leni-Oma. Ihr wirklicher Mädchenname war Leontine. Und ihr Familienname … Das ist nicht ganz sicher: Münch, Mönch oder München. Sie war als 13- oder 14-jähriges Mädchen in unser Dorf in der Banater Hecke gekommen, als die Jüngste von drei Schwestern. Im Jahrmarkter Ortssippenbuch lebt sie fort als Leontina Magdalena Mänch, Tochter des August und der Justina Kerling, geboren in Tarutino / Bessarabien. Sie war aber nicht vom Weg des großen Heim-ins-Reich-Trosses abgekommen und bei uns gestrandet, sondern viel früher, in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts im Dorf aufgetaucht. Doch selbst dieses Datum ist nicht einwandfrei im Gedächtnis der Nachkommen verankert. War es 1923 oder ’24? Das muss etwas mit der verschwiegenen Natur der Leni-Oma zu tun haben. 

Die Münch-Schwestern -
noch in ihrer
bessarabischen Heimat
Ihre Kindheit in Tarutino blieb ein nie gelüftetes Geheimnis, wie auch ihre Familienverhältnisse. War es nur die Not, die sie und eine der zwei älteren Schwestern, deren Spuren sich in Warjasch – oder Bogarosch - verlieren, ins Banat verschlug? Die andere Schwester soll in Bessarabien geblieben sein. Oder steckt gar eine Familientragödie dahinter? Oder ein politischer Gewaltakt? Die Leni-Oma konnte oder wollte nie darüber reden. Haben wir unsere Kinderjahre noch so klar vor uns, um detailgetreu davon erzählen zu können?

Leni-Omas Enkelin erinnert sich vage an eine Pferdezucht aus Omas Erzählungen. Detlef Brandes berichtet in seinem Buch Von den Zaren adoptiert von einem Duma-Abgeordneten Münch, der bereits 1826 die Griechen in Bessarabien harsch kritisierte: „Sie gehen stutzerhaft gekleidet, saufen, arbeiten selbst nicht, sondern verpachten das Land an die Deutschen, geben das Geld leichtsinnig aus, und bereits die Hälfte ihres Landes ist in die Hände der Deutschen übergegangen.“ Damals war der Begriff Political Correctness noch nicht erfunden. Aus dem Jahre 1877 ist überliefert, dass „der Oberschulz Münch einen Schulgeldboykott initiierte“. Nur vier Jahre später „bat der Generalgouverneur den Zemstvo-Abgeordneten und Liebentaler Oberschulzen Johann Münch um ein Gutachten über den Einfluss der Juden auf die örtliche Bevölkerung. Münch schilderte deren Verhalten ‚in äußerst grellen Farben‘ und kam zu dem Urteil: Einen Nutzen gibt es von den Juden nicht, weshalb die Beschränkung ihrer Rechte und vollständige Aussiedlung in einige bestimmte Gouvernements erwünscht wäre.“ Da läuft es einem kalt den Buckel runter. Es hilft aber nichts. Die familiengeschichtlichen Fragen erscheinen berechtigt. Denn dass es sich um eine weitverzweigte und nicht gerade mittellose Sippe handeln könnte, beweist auch die Tatsache, dass „sich unter den am 26. März 1906 in die 1. Duma gewählten Oktobristen der langjährige bessarabische Zemstvo-Abgeordnete Andreas Widmer und der Großliebentaler Oberschulz Johann Münch befanden.“ War dieser Johann Münch vielleicht sogar Leni-Omas Großvater? Oder der Onkel, bei dem sie nach dem frühen Tod der Eltern untergekommen war? Dieser Aspekt ist immerhin im Familiengedächtnis erhalten geblieben. Verlor die Familie vielleicht ihren Besitz, nachdem Bessarabien zu Rumänien gefallen war und 1920 die Großgrundbesitzer mit mehr als 100 ha Land enteignet wurden?

Auf einer im Familienarchiv erhaltenen Declaraţie vamală pentru persoane care îşi stabilesc domiciliul în altă ţară fand ich nicht nur die 396 Artikel aufgelistet, die in einer Banater Aussiedlerkiste im Jahre 1987 die Reise in die Bundesrepublik Deutschland antraten, sondern auf den Rückseiten von drei Blättern (von insgesamt 8) auch folgenden handgeschriebenen Eintrag: „Leontina München, geb. am 21.02.1910, Cetatea Albă, Russland; Vater: August München, geb. am 24.03.1885 – gest. am 04.02.1918; Mutter: Justina München, geb. Gerling, geb. am 01.03.1886 – gest. am 12.06.1913.“ Klar ist hier nur die traurige Gewissheit, dass Leni-Oma drei Jahre alt war, als ihre Mutter starb und acht, als ihr Vater starb. Die Mutter wurde nur 27 Jahre alt und der Vater gerade mal 33. Was verbirgt sich hinter diesem Labyrinth von undeutlichen und deutbaren Informationen? In zwei rumänischen Urkunden, die im April 1956 und Juli des gleichen Jahres ausgestellt wurden, heißt die Leni-Oma einmal Mönch und einmal München. „Nein, ich bin keine geborene München. Die Behörden haben den Namen bei meiner Ausreise falsch geschrieben.“ Auf diese Aussage Leni-Omas schwört ihre Enkelin heute noch.

Geblieben sind die Erinnerung an eine liebenswürdige Großmutter, die noch in den 90er Jahren des verflossenen Jahrhunderts mit ihrer Urenkelin in Deutschland spielte. Das Geheimnis ihrer Familiengeschichte aber hat sie mit ins Grab genommen.

Die Enkelin wiederum wird mit der Frage nach der wahren Identität ihrer Leni-Oma leben müssen. Zumindest vom Ort und der Region, in der Leni-Oma ihre Kindheit verbrachte, konnte sie sich jetzt ein Bild machen. Das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm, Schillerstraße 1, präsentiert die Sonderausstellung „Fromme und tüchtige Leute ...“ – Die deutschen Siedlungen in Bessarabien 1814 - 1940.

Im Informationsblatt zu der Ausstellung heißt es einführend: „Ein Name wie aus dem Märchen: Bessarabien heißt ein Gebiet am Schwarzen Meer, das die Flüsse Pruth und Dnjestr begrenzen. Es hat etwa die Größe Niedersachsens und gehört heute Teils zur Republik Moldau, teils zur Ukraine.“

Die Ausstellung kann bis zum 12. Januar 2014 besichtigt werden. Öffnungszeiten: Dienstag – bis Sonntag 11 – 17 Uhr. Eintritt 3,50 Euro / ermäßigt 2,50 Euro..
Führungen: So. 8. Dez. – 14 Uhr / So. 22. Dez. - 14 Uhr / So. 12. Jan. 2014 – 14 Uhr.

Anton Potche

Montag, 25. November 2013

Ungeahnte Geschmacksverwandtschaft

Glosse über Karl May, Krzysztof Penderecki und die Musik

Wer nun glaubt es gäbe da keinen Zusammenhang, der irrt aber gewaltig. Es ist schlicht und einfach zu einseitig, Karl May nur mit Winnetou, Old Shatterhand & Co. in Verbindung zu bringen. Der Meisterfabulierer aus Sachsen hat auch komponiert, und das wahrlich nicht schlecht. Einige seiner Chorwerke könnten auch in den kommenden Wochen in so mancher Kirche erklingen; so etwa die Weihnachtskantate Siehe, ich verkündige euch große Freude.

Ob Krzysztof Penderecki das auch weiß, ist mir nicht bekannt. Könnte aber durchaus sein, denn schließlich sprechen wir vom bedeutendsten polnischen und einem der prominentesten zeitgenössischen Komponisten – und von einem Fan Karl Mays. Das ließ mich aufhorchen, als ich dieses Bekenntnis am Samstagmorgen in einem Interview bei BR Klassik vom großen Meister selbst hörte. Und es rief in mir sofort Erinnerungen wach, ganz abgesehen davon, dass auch meine erste Lieblingslektüre Karl-May-Bücher waren.

Es war am 10. November 2008. Wir, die Musiker der Audi Bläserphilharmonie – Wen-Sinn Yang  spielte in diesem Konzert „Casanova“ für Solocello und Blasorchester von Johan de Meij -, hatten die Anspielprobe im Carl-Off-Saal des Gasteigs gerade hinter uns gebracht, und es blieb noch etwas Zeit zum Herumgucken in den Kulissen des imposanten Musikpalastes. Da, ein Weg führte auf die Bühne der Philharmonie, den größten Konzertsaal Münchens. Und von dort kam Musik. Fesselnde Harmonien. Ungewöhnliche Klangbilder. Noch einige Schritte und ich hatte freien Blick auf das Geschehen auf der Bühne. Welch ein Anblick! Ein riesengroßer Orchesterapparat mit allen nur denkbaren Blas-, Streich-, Zupf- und Schlaginstrumenten. Die Münchner Philharmoniker probten an einem Stück von Krzysztof Penderecki. Und am Pult stand der Meister in persona. „7 Tore Jerusalems“ für Sprecher, 5 Sänger, 3 Chöre und großes Orchester kam am 11. und 12. November zur Aufführung. Ich wunderte mich damals, dass der polnische Maestro so perfekt, akzentfrei Deutsch sprach. Wenn ich mich gut erinnere, stand ich etwa 20 Minuten in einer der Zugänge zur Bühne und war tief beeindruckt von der Art und Weise wie monumentale Musik entsteht. 

Krzysztof Penderecki
Krzysztof Penderecki erzählte im Radiointerview, dass sein Großvater ein Deutscher gewesen sei; ja, und dass er, der Bub Krzysztof, sehr gerne Karl May gelesen habe. Somit wäre auch mein Staunen von vor fünf Jahren geklärt und ich freue mich kindisch über eine neue Geschmacksverwandtschaft.

Krzysztof Penderecki feierte am Samstag, dem 23. November 2013, seinen 80. Geburtstag. Ad multos annos!

Anton Potche

Mittwoch, 20. November 2013

Deutsche Dekadenz – Urlaubseindrücke III

Wir waren, wie in Urlaubserlebnisse I geschildert, in Eisenach. Ich trug noch die Ruhe von Bachstücken, gespielt auf Instrumenten, die schon zur Zeit des großen Meisters im Einsatz waren, in mir. Damit war aber endgültig Schluss, als wir die Eingangshalle des Treff-Panorama-Hotels in Oberhof betraten, wo wir für diesen Urlaub eine Herberge gefunden hatten.

Lärm. Lärm. Lärm. In den Thüringer Stuben ging es hoch her. Laute Musik. Tanzende Paare. Rufen. Grölen. Machos, wohin man sah. Für diese tobende Körpermasse mussten wir dann auch unser Restaurant Panorama verlassen und in ein kleineres umziehen; fürs Wochenende, denn die Partytouristen der Tollen-Müller-Touren wollten essen, trinken und tanzen. Dazu gehörte für Viele - zumindest nach meiner Wahrnehmung - auch Saufen und Stampfen. Dafür hatten sie bezahlt.

Wir hatten auch bezahlt, aber für Ruhe. Und die musste wie so oft im Alltag, dem wir doch eigentlich entrinnen wollten, zurückstecken. Sogar die Wetterangaben auf der Informationstafel in der Empfangshalle mussten dem Aktionsplan für die feierwütigen Touristen weichen.

Tja, Pech gehabt: Wir logierten zwei Stockwerke über unserem für drei Tage geräumten Restaurant Panorama. Welch ein Erlebnis. Schlaflose Nächte auf wummernden Bässen. Blicke aus dem Fenster. Spannerblicke. Unter uns wird getobt und in die Büsche gepinkelt.

Wie hieß doch damals der Minister, der von spätrömischer Dekadenz sprach? Ach ja: Guido Westerwelle. Er wird bald weg sein. Die Dekadenz wird bleiben. Und sie ist deutsch. Was für ein Urlaubserlebnis: Ballermann überall. Wir sind eine offene Gesellschaft. Im Aufzug hat mich einer angehaucht, dass ich jetzt noch torkele. Zum Glück war der Spuck nach drei Tagen vorbei. Wir durften wieder im Panorama speisen.

Da waren die netten Frau & Herr Schumann aus dem Weimarer Umland, mit denen wir uns gerne einen Tisch teilten, schon abgereist. Es ist aber zum Glück auch in Thüringer Gefilden keine Kunst, weitere angenehme Tischnachbarn zu finden. Die Partytouristen waren ja weg. Gott sei’s Dank! 

Anton Potche

Montag, 18. November 2013

Gute Musik mit Zuschauergequatsche

Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik (Hg.): 8. Donauschwäbisches Blasmusikkonzert vom 08. Juli 2012 in Herzogenriedpark Mannheim; DVD, 65 Minuten, 16,95 Euro;  Bestellung: Donauschwaben Musikverlag.

Wie groß der Unterschied zwischen einer Studioeinspielung und Liveaufnahmen ist, wird jedem, der sich diese DVD zu Gemüte führt, gleich zu Beginn vorgeführt. Der sommerliche Herzogenriedpark in Mannheim kommt einem beim erklingen der Frühlingsblüten-Polka von Sepp Schmalz, eine Studioaufnahme der Banater Studiomusiker Karlsruhe unter der Leitung von Anton Hollich, noch schöner vor, als er eh schon ist.

Doch schon beim zweiten Stück wird man von der harten Musikantenrealität eingenommen. Die Aufnahmegeräte sind unerbärmlich bei einem Livemitschnitt. Auch die kleinste Dissonanz wird aufgezeichnet. Das unscheinbarste Missgeschick wirkt beim Ansehen und -hören der Scheibe überbetont.

Das ist die Gefahr, der sich Musikkapellen heutzutage bei jedem Auftritt aussetzen. Umso erfreulicher ist es, wenn sie trotzdem ganze Konzerte vor laufenden Kameras bestreiten. Ärgerlich wirkt bei einem Livemitschnitt oft nur das Verhalten der Zuschauer. Das gilt auch für diese Aufnahme. Man ist geneigt in den Fernseher oder den PC, an dem man dieses Konzert gerade verfolgt, zu schreien: Haltet doch endlich den Mund! Oder in diesem Fall besser banatschwäbisch: Halt doch endlich’s Maul! Ich frage mich seit ewig, was Menschen so Wichtiges zu quatschen haben, wenn Musikanten auf der Bühne spielen und singen oder der Moderator, hier Anton Bleiziffer, spricht. Und das bei Konzertbestuhlung. Unfassbar! Wohlgemerkt: Es geht nicht um die normalen Hintergrundgeräusche, die man in einem Stadtpark, wo immer Menschen unterwegs sind, nun mal hat, sondern um das laute Gemurmel der Konzertbesucher.

Drei Blaskapellen haben sich bei diesem Open-Air-Konzert in Mannheim ein Stelldichein gegeben: Original Banater Dorfmusikanten, Ltg.: Helmut BaumgärtnerMährisch Böhmische Blasmusik, Ltg.: Frank Eidenpenz
und Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg, Ltg.: Michael Bielz. Und sie haben mit Hingabe und spürbarer Liebe zu „ihrer“ Musik gespielt. Gemeint sind Märsche, Polkas und Walzer, wie sie einst in Südosteuropa in jedem von Deutschen bewohnten Dorf erklangen.

Für diese schon zur Tradition gewordene Konzertreihe (das war das achte Konzert) zeichnet seit Jahren der Freundeskreis Donauschwäbische Blasmusik e.V. Der Verein hat auch die Herausgeberschaft für diese DVD übernommen und unter der bewährten Leitung von Stephan H. Pollmann dafür gesorgt, dass diese Produktion mit einer Studioaufnahme ausklingt: Blasmusik ohne störendes Zuschauergequatsche. Welch ein Genuss für Ohr und Gemüt!

Anton Potche

Mittwoch, 13. November 2013

Ungemütlicher Rennsteig - Urlaubseindrücke II

Ich will es ihnen ja gerne glauben, dem Karl Müller, genannt Kaschi, und dem Herbert Roth; schon aus Respekt vor dem Alter, denn ihr Wanderlied ist älter als ich. Und die erste Zeile spricht mir wirklich aus dem Herzen: „Ich wand're ja so gerne“. Aber an diesem Oktobertag wollte sich von der Botschaft des Rennsteigliedes so gut wie nichts erfüllen, zumindest was die äußeren Umstände anbelangt. „Vöglein sangen [keine] Lieder“ und vom Rasten, „wenn die Sonne / So glutrot untergeht“, konnte keine Rede sein. Ein hartnäckiger Nebel wollte uns zeigen, dass der Rennsteig nicht nur ein Wanderliedgesicht hat.

Und trotzdem kann ich Texter und Komponist verstehen, wenn sie vom „schönsten Plätzchen dieser Welt“ schwärmen. Wir hatten den historischen Sprungschanzenweg über die Oberhofer Bobbahn genommen, weil auch die Sportschihalle auf diesem Weg lag, und waren am Grenzadler auf den Rennsteig gestoßen. Fast 170 km lang ist dieser Kammweg von Eisenach nach Blankenstein. Und wenn es heißt, er wäre der meist bewanderte Weg Deutschlands, dann will ich das gerne glauben: Die Strecke, die wir bewältigten (weniger als 170 km), hatte einen parkartigen Weg, es gibt keine steilen Anhöhen und die Ruhe in diesen gefühlt unendlichen Wäldern, generiert ein Gefühl des Einswerdens mit der Natur – auch wenn ein Oktobertag nicht vom Golde verwöhnt ist.

Dass dieser Weg schon seit Menschengedenken, als man von touristischer Erschließung noch nichts wusste, von Einheimischen rege genutzt wurde, beweisen die zahlreichen Steine, denen man begegnet. Grenzsteine sollen sie gewesen sein. Es gab nun mal jene Zeiten, in denen in unserer deutschen Lande viele, viele eigene Süppchen gekocht wurden.

Natürlich ist auf so einem Weg auch viel passiert, Lustiges und Bedauernswertes. Der Rennsteig hat seine geschichtlichen und literarischen Helden. Man trifft auf Tafeln, die von Geschehnissen vergangener Zeiten berichten. Und wenn man sich die Zeit nimmt und sie liest, spürt man nicht nur den Wind in den Wipfeln sondern auch den Hauch der Geschichte, der über das Mittelgebirge weht. Der Dietzel von Geba wurde hier hingerichtet. Er hat einen Weinhändler überfallen. „Drauf nächtlicher Weise im Waldesgewirr, / da fand man den Fuhrmann mit Karrn und Geschirr; / der Dietzel von Geba, das Fässchen im Schoß, / lag schnarchend und sinnlos berauscht im Moos.“ (Heinrich Jäger) Anno 1498 soll es gewesen sein.

Taten, große Taten, zeitgeschichtliche Taten sind aus der Urzeit der SBZ (Sowjetische Besatzungszone) überliefert. An einem Denkmal am Wegesrand kann man lesen: „Dieses Denkmal wurde 1981 zu ehren zehntausender Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter, freiwilliger Helfer sowie sowjetischer Soldaten errichtet, die nach dem Windbruch von 1946 und den Borkenkäferjahren 1947–49 den mittleren Thüringer Wald retteten.“

Auch so manches Naturdenkmal säumt den Rennsteig. Ein sehr sehenswertes ist der Rennsteiggarten bei Oberhof. Wer Pflanzen aus anderen Regionen der Erde sehen will, sollte hier vorbeischauen. In Reisebroschüren wird er als „artenreichster Alpingarten Deutschlands“ gepriesen.
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Wer nun den Eindruck gewonnen haben sollte, dass der Thüringer Wald ein und derselbe mit dem Rennsteig ist, der liegt zum Glück falsch. Zwei Tage später zeigte sich der Herbst wieder von seiner goldenen Seite. Wir schnürten die Wanderschuhe, schulterten den Rucksack und brachen auf: Die Ohratalsperre wollten wir sehen, ein riesiges Trinkwasserreservoire, von dem ca. 400.000 Menschen leben. Gebaut wurde sie in den 1960er Jahren: DDR-Zeit. Ob es Widerstände aus der Bevölkerung gab, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. 20 Wohnhäuser, ein Sägewerk und eine Kesselschmiede vielen der in mehrere Seitentäler verzweigten Talsperre zum Opfer. Ein jähes Ende am Wasser fand dann auch die Straße von Oberhof nach Luisenthal.

Auf dieser ehemaligen Straße, der man noch ansieht, dass sie in vergangenen Zeiten von privilegierten Gesellschaftsschichten frequentiert wurde, marschierten wir heimwärts. Oberforstrat Ernst Julius Theodor Salzmann und Oberforstmeister Hermann von Minckwitz könnten bestimmt viel Interessantes über diese Straße durch den Thüringer Wald berichten - wenn sie denn noch leben würden.

Hingegen legen in Oberhof Händeabdrücke von noch lebenden Helden des Sports Zeugnis vom gelungenen Wandel eines herzogtümlichen Luftkurorts zu einem modernen Wintersportzentrum ab. Es lohnt sich allenthalben, hier mal vorbeizuschauen. Man kann ein schönes Stück Heimat erleben, auch wenn man in Berlin, München, Hamburg oder wo auch immer in Deutschland lebt – oder vielleicht gerade darum.

Anton Potche


Montag, 11. November 2013

treue

pamphlepigramm

die mitarbeiter
stehn zum boss
wenn er im aufsichtsrat
den hoeneß lobt

was in den köpfen
so passiert
bringt leider keiner
zu papier

ingolstadt, 2013
anton potche

Mittwoch, 6. November 2013

Kurz reinschauen - Urlaubseindrücke I

Wir wollten eigentlich nur kurz vorbeischauen, denn „das dürft ihr euch nicht entgehen lassen“, hatte mein Freund Ignaz gesagt, als er erfuhr, dass wir beabsichtigen in Thüringen Urlaub zu machen. Mit einigen günstigen Tipps ausgestattet – ohne Geld kommst du halt nirgends rein -, haben wir dann an jeweils drei goldigen Oktobertagen unser Urlaubsdomizil in Oberhof verlassen und uns auf den Weg in Städte gemacht, in denen im 18. und 19. Jahrhundert der Deutschen Kulturherz am heftigsten Schlug.

Du kommst in Weimar und Eisenach an drei Namen einfach nicht vorbei: Goethe, Schiller und Bach. Also in Weimar, der Stadt mit den meisten UNESCO-Kulturerbe-Sehenswürdigkeiten der Welt (laut Stadtführerin), müsste eine Stadtführung das Mindeste sein, das sich ein informationsdurstiger Tourist leisten sollte. Das scheint sich herumgesprochen zu haben, denn da eine Stadtführungsgruppe nicht mehr als 25 bis 30 Teilnehmer haben sollte, musste an jenem Tag ein zweiter Stadtführer von zu Hause bestellt werden.

Es hat sich mehr als gelohnt, nicht nur, weil von den eingeplanten zwei Stunden drei wurden, sondern vor allem wegen der sehr charmanten und mit ihrem Wissen fesselnden Stadtführerin. Natürlich ging es um Goethe und Schiller. Aber nicht nur, denn deren Leben bedeutete außer Literatur auch Politik und Gesellschaftsleben in allen damaligen Facetten. Nur mit Einem konnte die rührige Führerin nicht dienen: einem Auerbach-Keller. Den gäbe es leider nur in Leipzig. Ein Kaffee und Kuchen mundete uns anschließend aber trotzdem in einem Altstadtkaffee.

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Eisenach ist ohne die Wartburg nicht denkbar. Die Menschenmassen haben mich an Neuschwanstein erinnert. Nur waren es hier weniger ausländische Touristen. Abends im Hotel sagte eine Tischnachbarin zu ihrer Enkelin: „Da müssen wir auch wieder mal hin. Es ist schon ein paar Jahre her seit unserem letzten Besuch.“ Oma und Leonie kamen aus Sachsen. Das klang fast nach mitteldeutscher Wallfahrt. Wen wundert’s? Sie steht, nein, sie thront seit knapp einem Millennium über dem Thüringer Wald.

Und wer hat nicht alles in ihren Räumen mit den dicken Wänden übernachtet? Natürlich Goethe. Er hat sie sogar gezeichnet. Auch Luther. Nicht ganz freiwillig als Bruder Jörg. Und Massen stürmten schon 1817 die Burg. Doch nicht Touristen, sondern freiheitsliebende Studenten. „Ehre – Freiheit – Vaterland“. Wir ernten heute die Früchte ihrer Saat. Danke!

Irgendwann steigt man wieder hinab. Wir, meine bessere Hälfte und ich, konsultierten unsere Uhren und vereinbarten ein Treffen vor dem Bachhaus - wie das sich bei scheidenden Wegen gehört. Hier also wurde er geboren: Johann Sebastian Bach. Nur zwei Stunden hatte ich Zeit, Zeit zum Lesen und Hören. Ein modernes Museum bildet mit dem Geburtshaus Bachs eine geglückte Symbiose. Hier lebt sie in modernem Gewande fort: die Zeit des Barock. Doch nicht ohne direkte Tuchfühlung in die Klangwelt jener Zeit. Herr Michael Meißner versteht es hervorragend, den Museumsbesucher auf die Reise in eine 250 Jahre zurückliegende Zeit mitzunehmen. Er bedient sich dazu eines Orgelpositivs (Baujahr um 1750), eines gebundenen Clavichords (1770), Cembalos (1705), Querspinetts (1765) sowie eines Orgelpositivs mit Blasebalg (1650), den ein Besucher bedienen darf. Natürlich spielt er nach Noten von Johann Sebastian Bach.

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Gotha hatten wir uns als Zugabe aufgehoben, mal eine Stadt, die nicht so extrem auf gewisse Berühmtheiten fixiert ist. Kein Goethe, kein Schiller, kein Bach, kein Luther usw. Aber nicht weniger anschauenswert. Imposant dieses im Neorenaissancestil erbaute Schloss  in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Schloss Friedenstein.

Doch war unsere Neugierde mehr auf das dem Schloss gegenüberliegende Herzogliche Museum gerichtet. Es wurde erst vor zwei Tagen nach zweijähriger Restaurierungszeit neu eröffnet, mit der entsprechenden landesweiten Werbung in den Medien. Das entgeht natürlich auch einem Urlauber im Thüringer Wald nicht. Ein Museum, das dir Raum zum Atmen lässt. Nicht die Zahl der Kunstwerke soll Eindruck erwecken, sondern lediglich deren Qualität. Das Konzept geht auf. Dieser Besuch hat sich wahrlich gelohnt.

Zurück in die Altstadt. Es ging auch hier bergab. Die warme Herbstsonne schien auf die Gäste vor den Kaffeehäusern. Und sie fiel am Hauptmarkt auf ein Firmenschild: Bücherstube Hannah Höch. Da waren sie plötzlich wieder: die Bücher meiner Jugend aus DDR-Verlagen. Das gibt’s im Westen Deutschlands nur noch sehr selten: Buchhändler, die sowohl mit neuen als auch mit antiquarischen Büchern handeln. Während ich die Bücherreihen überflog, vernahm ich, wie meine Frau mit dem freundlichen Mann im Laden ins Gespräch kam. Ja, er kannte Siebenbürgen und hatte auch schon vom Banat gehört. Ich wollte doch nichts kaufen, nur schauen, schmökern, in Erinnerung schwelgen. Dann verließ ich die Bücherstube wirklich ohne Goethe und Schiller – aber mit zwei Büchern aus dem Kriterion Verlag Bukarest: Alexander Tiez: Märchen und Sagen aus dem Banater Bergland und Arthur und Albert Schott: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat. Erschienen sind beide 1978/79. Lang, lang ist’s her. Kurz Reinschauen kann so nutzbringend sein.

Aber siehe da: Damit war der Erinnerungen gar nicht genug. Beim Schlendern durch die Stadt – wir hatten wieder die Uhren abgestimmt - stand ich plötzlich vor dem Löffler-, nein, nicht –Palais, sondern vor dem Löfflerhaus. Nicht so imposant wie das in „eklektizistischem Stil mit Barock- und Jugendstilelementen der Wiener Sezession gestaltete“ (Wikipedia) Palais in meiner Erinnerung, aber daher um fast 100 Jahre älter und einem wohltätigen Zweck zugeführt: Im Jahre 1800 wurde im Gothaer Löfflerhaus eine „Freischule für bedürftige Kinder eröffnet“. Heute beherbergt das Gebäude einen Handwerkerhof. Ob die Gothaer und Temeswarer Löffler-Familien verwandt waren, entzieht sich meiner Kenntnis. 
Anton Potche

Montag, 4. November 2013

Seppi und Peppi unterhalten sich über D & O

Seppi und Peppi sitzen im Bahnhofscafé einer deutschen Großstadt. Es nieselt.

- Ich bin fertig.
- Mit was?
- Der Welt.
- Burnout?
- Nein. Geld.
- Zu wenig?
- Alles weg!
- Gestohlen?
- Verzockt!
- Hast du keine Versicherung?
- Gegen?
- Verzocken.
- Gibt’s das?
- Ja. Directors&Officers-Versicherung.
- Nie gehört.
- Schade. Die schließen Unternehmen für ihre Vorstände ab.
- ??
- Ja, wenn die Herren sich verzocken, zahlt die Versicherung.
- Und die Herren?
- Werden von ihren Posten wegbefördert.
- Also müsste ich Vorstand lernen?
- Na klar.
- Ist das schwer?
- Nein. Du musst nur mit Hermes Reden.
- Der Versandfirma? Suchen die Führungskräfte?
- Nein, mit Hermes, dem Gott der Glücksspieler. Oder auch mit Macuilxochitl. Der kann das auch.
- Hast du schon was bestellt?
- Nein.
- Bedienung. Aber bitte schnell!

Es herbstelt ganz schön draußen.