Die Exerzier- und die Reithalle im Ingolstädter Klenzepark gehören
zu diesen für Kunstpräsentationen prädestinierten Orten. Zum zweiten Mal haben
sie heuer die kunstmesse ingolstadt beherbergt. Als Organisator engagierte
sich wieder der Berufsverband Bildender
Künstlerinnen und Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt e.V., ein
Regionalverband des Bundesverbandes
Bildender Künstlerinnen und Künstler Deutschland. Die Palette der
ausgestellten und zum Kauf angebotenen Kunststücke war ebenso vielfältig wie
thematisch und genrebezogen abwechslungsreich: Malerei, Zeichnung, Druckgrafik,
Bildhauerei, Edelmetallbearbeitung, Schmuckobjekte, Fotografie, Bildhauerei,
Holzschnitzkunst, Textil, Bienenwachs auf Leinwand, Kunststofffiguren,
Tapisserie, Video, Keramik, Papierrelief, Plexi, Computergrafik,
Multimediakunst u.s.w.
Der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung
und Kunst, Dr. Wolfgang Heubisch,
schreibt im Grußwort der Begleitbroschüre zu dieser Messe: „Abgesehen vom Lob
durch Kauf bietet die kunstmesse ingolstadt ’12 ihren
Besuchern aber auch die einzigartige Möglichkeit, direkt mit den
Kunstschaffenden ins Gespräch zu kommen. Diesen Dialog halte ich für die
zeitgenössische Kunst, die ihrem Publikum oft ein paar Schritte vorauseilt, für
außerordentlich wichtig und begrüßenswert.“ Wie wahr!
Über hundert Künstler hatten sich für die Messe beworben. 77
von ihnen konnten ihre Arbeiten präsentieren. In der Ausstellungkoje E19 lernte
ich einen der Künstler kennen, ein untersetzter, freundlicher Herr, mit dem ich
mich über die Abkaufsumme aus Rumänien der Ceauşescu-Zeit unterhielt. Unter
anderem. Aber auch das ist auf solchen Messen möglich und macht sie zu einem
Gesellschaftshort, in dem Begegnung, Kennenlernen und Dialog, wie der Minister
sagt, genauso wichtig sind wie die Kunst an sich. Ja, mehr noch, diese gewinnt
dadurch an Akzeptanz, ihr Weg aus dem Atelier zum Volk ist ein gewinnbringender,
wenn auch nicht immer sofort finanziell lohnender, denn er verdrängt die Scheu
des Volkes vor dem Gottbegnadeten, dem mit Talent Gesegneten. Ideelle Werte
wirken in die Zukunft, sie sind nicht von ungefähr „ihrem Publikum oft ein paar
Schritte voraus“.
Die Wurzeln des Mannes mit dem Vollbart und dem
freundlichen, entgegenkommenden Blick liegen in Rumänien. Lucian Binder-Catana hat im Jahre 1963 in Chieşd, eine seit 1461 am nordwestlichen Rand
Siebenbürgens (Rumänien) urkundlich attestierte Ansiedlung, das Licht der Welt
erblickt. In Hermannstadt besuchte er das Kunstlyzeum, kam 1990 nach
Deutschland, studierte an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg und lebt
und arbeitet in den benachbarten Donaustädten Vohburg und Ingolstadt.
Skurril fände ich seine Bilder, sagte ich dem Künstler. Das höre er immer wieder, bekam ich mit
einem verständlichen Lächeln zur Antwort. Ja, es sei schon eine Botschaft von
Hilflosigkeit (besonders bei Kindern), Verletzlichkeit, von beunruhigten Seelen
zu spüren, erläuterte der Maler mir seine Bilder: Acryl auf Leinwand, Tusche
und Tempera auf Glas. Schon, schon. Aber nicht nur. Das Gefühl von Traurigkeit
kommt beim Betrachten dieser Bilder gar nicht auf. Nachdenklichkeit eher. Und
dieser „symbolistische Expressionismus“ des Meisters beinhaltet immerhin
genügend Aspekte, die dir ein wohlgefälliges Schmunzeln abringen. Ganz spontan.
Ohne viel über Maltechniken, tiefsinnige Botschaften und dergleichen zu
philosophieren. Bilder eben, von denen man gerne das eine oder andere in seiner
Wohnung hängen hätte.
Ob er denn von seiner Kunst leben könne, fragte ich Lucian Binder-Catana. Dabei hatte ich das
Urheberrechtsgejammer der Verlage und Literaten im Hinterkopf, ohne es allerdings
zu erwähnen. Natürlich nicht, bekam ich zur Antwort, als wäre es das
Natürlichste dieser Welt. Und doch lebt dieser Maler, Graphiker, Zeichner etc.
ohne spektakuläre Öffentlichkeitsaktionen á la Anselm Kiefer in den 70ger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der
Symbolismus des Lucian Binder-Catana
strahlt eine spürbare Erdung aus. Der Mann lebt im Jetzt und hält Schritt mit
seiner Zeit. Kunst bedeutet für ihn viel mehr als das, was in seiner
Künstlerkoje auf der Messe zu sehen war.
Es ist diese Verankerung im Zeitgeist – ohne abzuheben oder
kitschigen Trends zu hofieren-, die Lucian
Binder-Catana letztendlich das Überleben ermöglicht. Der
Kommunikationsdesigner ist seit 12 Jahren geschäftsführender Gesellschafter von Hyperscreen GmbH für Digitale und Klassische Medien,
eine Agentur, die er selber mit einem Kollegen gegründet hat. Wer sich mit ihm
unterhält, spürt die Faszination,
die von einem modernen Künstler, der selbstsicher die Bereiche Print, Web,
Multimedia und bildende Kunst beackert, ausgehen kann.
Anton Potche
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